Markt als wichtigster Indikator für den Innovationserfolg auf dem CLIB-Forum über das Potenzial der Biotechnologie.

Mehr als 100 Interessenten haben sich am 11. Mai 2023 zu unserem CLIB-Online-Forum eingewählt, auf dem über die wichtigsten Indikatoren für die Vorhersage des Erfolgs einer biotechnologischen Innovation diskutiert wurde.

Auf dem CLIB-Online-Forum Sustainable – Smart – Scalable: Realising the potential of biotechnology präsentierten zwei Innovatoren und ein Investmentexpertin welche Kriterien helfen können, Erfindungen mit großem Potenzial frühzeitig zu erkennen und zu fördern. Jakob Müller von Evonik und Albrecht Läufer von BluCon Biotech zeigten ihren Weg zur Innovation auf, während Daniela Arruda Costa von Capricorn Partners darlegte, worauf sie bei Investitionen in skalierbare Technologien achten.

Jakob Müller, Projektleiter für Biotenside bei Evonik Operations, leitete seine Präsentation mit der Feststellung ein, dass die chemische Industrie darauf angewiesen ist, alternative Rohstoffe zu finden. Gleichzeitig steigt, zumindest in einigen Sektoren, die Nachfrage der Verbraucher nach Produkten, die nicht auf fossilen Rohstoffen basieren. Geht es um Körperpflege sind diese Endverbraucher auch bereit, einen höheren Preis für diese neuen, biobasierten Produkte zu zahlen.

Bei Evonik reicht die Entwicklung von Biotensiden weit über 10 Jahre zurück. Jakob Müller betonte, wie wichtig es sei, im Unternehmen dafür engagierte Entwickler:innen zu haben, die ein Produkt oder eine Technologie bis zur Marktreife begleiten. Ebenso wichtig seien frühe Partnerschaften mit Referenzkunden, die entscheidend sein können, um die Marktnachfrage zu verstehen und ein erfolgreiches Produkt zu entwickeln. Innerhalb Evonik arbeiten mehrere Expertenteams an den verschiedenen Aspekten der Stammentwicklung, der Optimierung der Fermentationsparameter, der nachgeschalteten Verarbeitung und Reinigung sowie der Produktentwicklung von Biotensiden, um die gesamte Technologieentwicklung holistisch zu begleiten. Der Prozess endet dabei nicht bei dem biobasierten Molekül, sondern ging weiter zur Produktcharakterisierung und -formulierung sowie zur Anwendungsentwicklung. Die fermentative Herstellung von Rhamnolipiden basiert derzeit auf Glucose und erfordert keine Zugabe von Ölen zur Fermentationsbrühe. Mit der Herstellung eines in der Natur vorkommenden Rhamnolipids verspricht Evonik ein sehr mildes Biotensid, das nicht nur biologisch abbaubar ist und nicht auf fossilen Rohstoffen basiert, sondern auch einen spürbaren Verbrauchernutzen hat.

Albrecht Läufer, der als Geschäftsführer des KMU BluCon Biotech die Skalierung einer firmeneigenen Technologie zur Herstellung von Milchsäure in einem konsolidierten Bioprozess verfolgt, betonte die Herausforderungen, die mit der Skalierung und der der Transformtion zu biobasierten Produkten einhergehen. Das Ziel von BluCon Biotech ist es, Milchsäure, den Baustein für den Biokunststoff Polymilchsäure (PLA), aus Non-Food-Biomasse zu produzieren. Dabei fermentiert ein proprietäres Bakterium, das durch gerichtete Evolution optimiert wurde, lignozellulosehaltige Biomasse in einem einzigen Bioreaktor zu Milchsäure. Die dabei entstehende hochreine L-Milchsäure ist für die Polymerisation geeignet und könnte dazu beitragen, Kunststoffe auf fossiler Basis dort PLA zu ersetzen, wo die biologische Abbaubarkeit einen Mehrwert darstellt. Als KMU verfügt das Unternehmen nicht über die von Evonik vorgestellten Ressourcen, sondern stützt sich auf ein Netzwerk von vertrauten Partnern und externen Experten. Interdisziplinarität bedeutet für Albrecht auch, sich in anderen Branchen umzusehen und deren Fachwissen in der Weiterverarbeitung zu nutzen. Er wies darauf hin, dass die chemische Industrie über ein ganz anderes Fachwissen verfügt als für Bioprozesse notwendig sind und sich nach Lösungen umschaut, die z. B. von Fachleuten aus der Zellstoff- und Papierindustrie oder der Abwasserbehandlung angeboten werden. Dies sind Industrien, die über eine lange Erfahrung in der Behandlung von Schlämmen, der Filtration oder der Entwässerung verfügen. Seiner Meinung nach erfordern die hohen Kosten, die mit der Skalierung einer biobasierten Technologie verbunden sind, einen großen adressierbaren Markt, um die erforderliche Investitionsrendite zu gewährleisten. Dies bedeutet auch die Entwicklung von Technologien zur Nutzung von Biomasse der zweiten Generation. Die Zusammenführung verschiedener Kompetenzen in einer integrierten Pilotanlage würde die Entwicklung biobasierter Verfahren bis zur Marktreife erheblich erleichtern – und Albrecht forderte eine öffentlich geförderte Unterstützung einer solchen Anlage in NRW.

Daniela Arruda Costa, Investment Associate bei Capricorn Partners, ging auf die Fragen ein, die der Fonds prüft, um zu entscheiden, ob er in eine Technologie oder ein Produkt investieren soll. Die Entwicklung einer einzigartigen Technologie mit einem Wettbewerbsvorteil, die Beseitigung einer Marktlücke und die Lösung eines Problems sind zwar bereits große Herausforderungen, aber die Überwindung dieser Herausforderungen bedeutet nicht automatisch, dass ein Projekt eine Investition wert ist. Innovatoren müssen auch zeigen, dass ihr Team gut aufgestellt ist, den Sektor kennt und die Technologie skalieren kann. Einige Faktoren liegen nicht in der Hand der Innovatoren, wie z. B. die Chemie zwischen dem Team und dem Investor. Bei Investoren wie Capricorn Partners, die bereit sind, das Unternehmen fünf bis zehn Jahre vor einem Ausstieg zu unterstützen, ist dies ebenso wichtig wie die Abstimmung der Technologieentwicklung mit den Zeitplänen für Finanzierung und Exit. Während Innovatoren sicherstellen können, dass ihre Technologie robust ist und ihr Produkt einen Vorteil für die Verbraucher darstellt, können externe Faktoren wie Wirtschaftsabschwünge oder Unterbrechungen der Wertschöpfungsketten die Aussichten eines Unternehmens negativ beeinflussen. Investoren, die es sich leisten können, längerfristig zu denken, sind jedoch in der Lage, trotz einer solchen Abwertung weiterzumachen, wenn der zugrunde liegende Business Case solide ist. Ein gutes Beispiel ist Hafermilch, die aufgrund steigender Rohstoffkosten und der Inflation unter Druck geriet. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Nachfrage der Verbraucher nach pflanzlichen Alternativen ungebrochen ist, was bedeutet, dass die Value Proposition weiterhin gültig ist.

Alle drei Vortragenden waren sich einig, dass der Markt der wichtigste Prädiktor für die Erfolgschancen einer Innovation ist. Sie wiesen darauf hin, dass dazu gehört, dass das Produkt nachhaltig ist und mit den bestehenden Vorschriften übereinstimmt. Gleichzeitig ist der Markt ein Parameter, den die Unternehmen nicht kontrollieren können, wie Daniela in ihrem Vortrag betonte.

Wir werden die vielen wertvollen Anregungen, die wir erhalten haben, bei der Ausarbeitung der Triple-S-Leitlinien berücksichtigen und die CLIB-Gemeinschaft in weitere Co-Creation-Workshops einbeziehen.