How HiPerIns influence a products’ end-of-life

 

Dies war das Thema unseres letzten HiPerIn 2.0 Forums am 23. März 2023 in Düsseldorf. Gemeinsam mit einer bunt gemischten Gruppe von Teilnehmenden haben wir uns mit der Verwertung von Nebenströmen und der Frage beschäftigt, wie man Produkte nachhaltiger produzieren kann. Matthias Eisenacher (Circular Transformation Lab Cologne | TH Köln), Tobias Bunke (Leiber GmbH), Srinivas Karuturi (BIOWEG UG) und René Kurvers (Pectcof B.V.) stellten ihre Arbeit und Innovationen vor und wir diskutierten gemeinsam mit Vertreterinnen des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIKE), wie die Biotechnologie zu einer Kreislaufwirtschaft beiträgt.

 

Eröffnet wurde die Forumsveranstaltung von Tobias Klement, stellvertretender Clustermanager bei CLIB, mit einem Rückblick auf drei turbulente Jahre unseres HiPerIn2.0-Projekts, in denen es um vielfältige Krisen, aber auch um Chancen für die Biotechnologie ging. Sabine Blankenship vom MWIKE schlug dann eine Brücke vom Silicon Valley bis nach NRW und betonte, wie stark das Innovationsökosystem in NRW ist – mit exzellenter Wissenschaft, starker Industrie und politischem Antrieb. Sie beendete ihre Begrüßungsrede mit einem Zitat von William Shakespeare: „Unser Schicksal liegt nicht in den Sternen, sondern in uns selbst“ und motivierte uns, Innovationen voranzutreiben und Lösungen umzusetzen.

 

Der erste Vortrag wurde von Matthias Eisenacher vom Circular Transformation Lab Cologne an der TH Köln gehalten. Er stellte vor, wie sie einen neuen Weg zur Synthetisierung von Menthol aus Terpentin, einem Nebenstrom der Papier- und Zellstoffindustrie, entwickeln. Terpentin besteht aus vielen verschiedenen, aber ähnlichen Molekülen und seine Zusammensetzung ist aufgrund der verschiedenen Baumarten, die für die Papier- und Zellstoffproduktion verwendet werden, stark von der Region abhängig. Der Zuschnitt eines auf Terpentin basierenden Prozesses muss daher regionalspezifisch erfolgen. Das Projekt von Matthias Eisenacher verwendet nicht nur direkt Terpentin von UPM, sondern wird auch von Symrise mitfinanziert, so dass ein potenzieller Abnehmer des Menthols direkt in die Produktentwicklung eingebunden ist und wertvolle Einblicke geben kann. In der Präsentation wurden auch einige Beispiele genannt, warum dies wichtig ist: der billigste Katalysator ist nicht immer der bevorzugte, und auch Faktoren wie Fachwissen im Recycling sind wichtige Entscheidungsfaktoren.

 

Der zweite Vortrag wurde von Tobias Bunke von der Leiber GmbH gehalten. Nachdem er erklärt hatte, wie einer der ältesten biotechnologischen Prozesse der Welt, das Bierbrauen, funktioniert, stellte er vor, wie Leiber Nebenströme, insbesondere gebrauchte Bierhefe, zur Herstellung verschiedener hochwertiger Produkte nutzt. Die Herstellung eines einheitlichen und konsistenten Produkts mit definierten Spezifikationen stellt für Leiber eine große Herausforderung dar, da das Ausgangsmaterial sowohl je nach Lieferant als auch im Jahresverlauf variiert. Dennoch ist Leiber in der Lage, Prozesse zu entwickeln, bei denen kaum Nebenströme anfallen. Der größte Nebenstrom ist das Ethanol, das in den genutzten Rohstoffen aus den Brauereien in ganz Europa noch enthalten ist. Ihr Hauptprodukt ist Hefeextrakt, der von ihren Kunden in verschiedenen Fermentationsprozessen verwendet werden kann, um alles von veganen Omega-3-Fettsäuren bis hin zu Biokunststoff herzustellen.

 

Nach einer Vernetzungspause mit Kaffee und Kuchen stellte Srinivas Karuturi von BIOWEG UG seine Alternative zu Mikroplastikpartikeln vor, die in vielen Produkten wie Kosmetika, Shampoos oder Körperpeelings verwendet werden. Das BIOWEG-Verfahren verwendet ausschließlich biobasiertes Abfallmaterial aus nahezu allen Quellen zur Herstellung von bakterieller Zellulose. Der Markt für Alternativen zu klassischem Mikroplastik, das in vielen Körperpflege- und Kosmetikprodukten verwendet wird, wächst nicht nur aufgrund gesetzlicher Vorgaben, sondern auch aufgrund des öffentlichen Drucks schnell. BIOWEG stellt sich der Herausforderung, Partikel herzustellen, die biologisch abbaubar, aber dennoch chemisch so inert sind wie Produkte aus fossilen Polymeren. Srinivas beschrieb, wie jedes Bakterium im Fermenter einen einzelnen Zellulosestrang produziert und exportiert und wie diese einzelnen Stränge im Fermenter zu einem festen Material verwoben werden. BIOWEG nutzt dann dklassische Oberflächenchemie, um maßgeschneiderte Produkte herzustellen.

 

Der letzte Vortrag des Tages wurde von René Kurvers von der niederländischen Firma Pectcof B.V. gehalten, die ein hochwirksames Produkt herstellt, das sowohl als Texturgeber als auch als Stabilisator in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie eingesetzt wird. Pectcof verwendet einen Nebenstrom, von dem jedes Jahr 10 Megatonnen anfallen – Coffee-Pulp. Für jedes Kilogramm Kaffeebohnen fällt ein Kilogramm des Nebenstroms an, der in den Kaffeeanbauländern zu Bodenversauerung und Wasserverschmutzung führt. Pectcof nutzt diesen Rohstoff zur Herstellung von Extrakten und verwendet das daraus resultierende Produkt, das unter dem Markennamen DutchGum bekannt ist, für verschiedene Anwendungen, die von fluffigerer Eiscreme bis hin zu stabilerem Schaum auf alkoholfreiem Bier oder bei pflanzlichen Milchalternativen reichen. DutchGum kann Gummi arabicum oder Carrageenan ersetzen und ist dabei fünf- bis zwanzigmal wirksamer. Pectcof plant derzeit die Ausweitung seines Verfahrens und möchte 2025 eine Demonstrationsanlage in den Niederlanden errichten.

 

Diese vier Präsentationen zeigten, wie Biotechnologie und eine zirkuläre Bioökonomie Nebenströme aufwerten können, um Abfälle zu reduzieren und gleichzeitig hochwertige Produkte zu erzeugen, die zu einer größeren Nachhaltigkeit der Produkte beitragen. In der abschließenden Diskussion mit allen Referenten wurde die Frage aufgeworfen, ob die Biotechnologie bereits in der Lage ist, Massenmärkte zu bedienen. Die Redner waren sich einig, dass die Biotechnologie zwar in der Lage ist, die Märkte für Feinchemikalien mit hohen Preisen und geringen Mengen zu bedienen, dass sie aber derzeit nicht mit den hocheffizienten und kostengünstigen Verfahren auf den Massenmärkten konkurrieren kann. Was wir brauchen, um die Biotechnologie bei der Steigerung ihres Einflusses weiter zu unterstützen, sind längere Finanzierungsmöglichkeiten für die akademische Welt, um Forschungsprojekte abschließen zu können, mehr Skalierungseinrichtungen für junge Technologien, um einen Konzeptnachweis zu erbringen, und mehr Raum für Start-ups, die in den ersten Jahren auf dem Markt wachsen.

 

CLIB freut sich darauf, alle Erfindungen und Innovationen, die wir im Rahmen des HiPerIn2.0-Projekts kennengelernt haben, zu begleiten und zu sehen, wie sich die Biotechnologie auf den Weg macht, die chemische Industrie zu verändern. Wir danken allen Referenten des Forums und allen Teilnehmenden für diese bunte und großartige Abschlussveranstaltung.