ReCO2NWert – Projektstart eines großen industriellen Forschungsvorhabens im Rahmen des Strukturwandels Rheinisches Revier
Mithilfe der Transformationsprozesse im Strukturwandel Rheinischen Revier soll der Weg hin zu einer CO2-neutralen Wirtschaftsweise beschritten werden. Dies ist insbesondere für die dort ansässigen Industrien, besonders die, die eine große Menge an CO2 emittieren, eine gewaltige Herausforderung. Bisheriger Produktionsprozesse müssen transformiert und neue Technologien und Geschäftsmodelle erschlossen werden. Das vom BMBF im Rahmen des Strukturwandels geförderte industrielle Forschungsvorhaben ReCO2NWert wird hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Mit insgesamt 8 Mio. € Gesamtvolumen arbeiten zehn Projektpartner, bestehend aus Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen, in den kommenden vier Jahren eng zusammen, um Kohlenstoff aus unvermeidbaren industriellen Abgasen zu fixieren und so zu verhindern, dass CO2 bzw. CO2-Äquivalente in die Atmosphäre freigesetzt werden und unser Klima nachhaltig verändern. Ein Konsortium bestehend aus dem Cluster Industrielle Biotechnologie (Koordinator), Babor, Covestro, Fraunhofer IME, Fraunhofer UMSICHT, MVA Weisweiler, nova-Institut, RWTH Aachen und der Ruhruniversität Bochum arbeitet im Rahmen des Projektes gemeinsam daran einen neuen regionalen Wertschöpfungskreislauf zu etablieren. Dadurch wird es gelingen die Ressourcenwende im Revier voranzutreiben und nachhaltige Produkte, wie z.B. Kosmetika oder Polymere herzustellen.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, den Kohlenstoff zu verwerten. Neben klassischen chemischen Verfahren bietet gerade die Biotechnologie große Potenziale. Biotechnologische Umwandlungen haben einige Vorteile im Vergleich zu chemischen Verfahren. Mikroorganismen als Biokatalysator können komplexe Umwandlungen und Synthesen oft bei sehr milden Prozessbedingungen durchführen. Dazu zählen geringe Temperaturen, geringe Drücke und ein wässriges Milieu. Zudem sind Mikroorganismen im Vergleich zu chemischen Katalysatoren häufig toleranter gegenüber Verunreinigungen in den verwendeten Prozessgasen. Daher können biotechnologische Produktionsprozesse einen entscheidenden Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten.
In diesem Kontext zielt das Projekt ReCO2NWert (Umsetzung der Ressourcenwende in der chemischen Industrie durch biotechnologische CO2 Nutzung in regionalen Wertschöpfungsketten) darauf ab, unvermeidbare Prozessgase biotechnologisch in industriell nutzbare Produkte umzuwandeln. Auf diese Weise stofflich fixiertes CO2 trägt dazu bei, die in weiten Teilen fossil-basierte chemische Industrie in und um das Rheinische Revier in eine bio-basierte und nachhaltigere Industrie zu transformieren.
Im Rahmen des Projekts soll ein mehrstufiger Prozess entwickelt werden, um das CO2-haltige Rauchgas der MVA Weisweiler elektrochemisch in Synthesegas umzuwandeln und mikrobiell zu hochwertigen Produkten umzusetzen, die industriell genutzt werden können. Nach Aufreinigung der Zwischenprodukte werden die industriell relevanten Endprodukte durch enzymatische und / oder chemokatalytische Aufwertung generiert. Als Basis der geplanten Plattformtechnologie dient ein Gasfermentations-Prozess, welcher im BMBF-geförderten Projekt BioCOnversion entwickelt wurde. Um diesen Prozess weiterzuentwickeln, soll das Substratspektrum von CO auf CO2 erweitert und der Plattformcharakter durch Erweiterung des Produktportfolios manifestiert werden. Die Wirtschaftlichkeit und der Umwelteinfluss der entwickelten Technologien wird kontinuierlich über eine Techno-ökonomische Evaluierung (TEE) bzw. eine Lebenszyklus-Analyse (LCA) bewertet. Die Perspektive einer künftigen wirtschaftlichen Verwertung des Prozesses beeinflusst bereits die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Projekt. Industrievertreter werden während des Projekts durch ihre Teilhabe im Industriebeirat gestaltend auf die Prozessentwicklung Einfluss nehmen.
Die Entwicklung der ReCO2NWert-Plattformtechnologie soll die künftige ökonomische Verwertbarkeit des Prozesses für Industrien inner- und außerhalb des RR demonstrieren. Daher wird bereits während der Projektlaufzeit eine Containeranlage konzeptioniert, welche als mobile Einheit im RR eingesetzt werden soll. Diese Containeranlage kann künftig CO2-haltige Prozessgase lokal in Produkte umwandeln und so eine regionale Wertschöpfungskette demonstrieren. Langfristig kann die entwickelte Technologie dazu führen, dass integrierte Produktionsanlagen bisher separate Industriezweige miteinander vernetzen und so völlig neue, zirkuläre Wertschöpfungskreisläufe geschaffen werden.
Mitte April fand beim Projektträger Jülich in Berlin eine Auftaktveranstaltung zur BMBF-Förderlinie CO2BioTech (Klimaneutrale Produkte durch Biotechnologie – CO2 und C1-Verbindungen als nachhaltige Rohstoffe für die industrielle Bioökonomie) statt. ReCO2NWert agiert in einem ähnlichen Themenfeld, wird aber aus Mitteln des Strukturstärkungsgesetzes (StStG) Kohleregionen gefördert. Im Rahmen der Veranstaltung wurden die Projektideen aller in dieser Maßnahme geförderten Projekte vorgestellt. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit sich zu vernetzen und Kontakte zu weiteren Akteuren aus Akademia und Industrie zu knüpfen. Darüber hinaus wurde das Thema Wissenschaftskommunikation beleuchtet und von den Teilnehmern Ideen und Strategien dazu erarbeitet.